FÜR DIE ZUKUNFT AUFGESTELLT: Passgenaue Führung für KMU im digitalen Transformationsprozess
kmuRundschau (PDF hier runterladen)
von FFHS MAS Wirtschaftspsychologie Dozenten Dr. Tobias Heilmann und Bora Altuncevahir

Digitale Transformationsprojekte sind zum Scheitern verurteilt, wenn das herkömmliche Führungsverständnis nicht für die digitale Transformation geeignet ist. Sofern das digitale Transformationsziel mehr oder weniger klar ist, kann der Prozess an der Art und Weise scheitern, wie KMU die Transformation umsetzen und erreichen möchten. Ein theoretisch fundierter, pragmatischer Führungsprozess hilft, diese Hürden zu meistern, damit KMU die Innovation richtig planen, führen und erfolgreich umsetzen können. Die Digitalisierung ist integraler Bestandteil unternehmerischen Fortbestands in allen Branchen geworden. Das Problem ist, dass circa 70 Prozent der geplanten Innovationen nicht an mangeln den Konzepten scheitern, sondern am Faktor Mensch. Geschäftsleitungen über denken und innovieren beispielsweise ihre Geschäftsmodelle nicht oder nur unzureichend – und bleiben allzu oft gedanklich den bisherigen Strukturen und Vorgehens weisen der Branche verhaftet und schliessen neue und erfolgreichere Wege aus. Damit fehlt die Grundlage für die richtige Führung im digitalen Transformationsprozess samt guter Umsetzung.
DIGITALE TRANSFORMATION BETRIFFT ALLE
Neue Unternehmen, die durch die Digitalisierung völlig neue Märkte erschliessen, bedrängen KMU in verschiedensten Branchen. Solche disruptiven, alles verändern den Innovationen – oftmals von Startups oder Konzernen entwickelt – beeinflussen in Zukunft die Geschäftstätigkeiten von KMU aller Branchen. Ein Szenario zur Verdeutlichung der Relevanz: Uber und Google wollen in Zukunft Kunden selbst fahrende Fahrzeuge zur Verfügung stellen. Diese zukünftigen Nutzer müssen sich dann zu Parkplätzen oder Versicherungen keine oder weniger Gedanken machen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden wir weniger PkwEigentum erwerben. Davon werden, nach heutigem Stand, vermutlich verschiedene KMU betroffen sein, und diese müssen sich frühzeitig und schnell mit diesen Entwicklungen beschäftigen und innovieren. Natürlich werden nicht alle KMU über alle Branchen hinweg auf einmal grundsätzliche Dinge im Zuge der digitalen Transformation umstellen müssen. Aber die Veränderung wird kommen und alle KMU ausnahmslos betreffen. Branchenunterschiede wird es bezüglich der Veränderungsstärke, das heisst des Umfangs und der Qualität sowie der not wendigen Veränderungsgeschwindigkeit, geben. Um mittel bis langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen KMU den digitalen Wandel daher proaktiv mitgestalten und Chancen nutzen.
GESCHÄFTSMODELLE INNOVIEREN
Mindestens zwei grundlegende Dinge sind relevant im Zusammenhang mit der digitalen Transformation. Erstens müssen KMU ihre Geschäftsmodelle überdenken und innovieren. Es geht dabei um die Frage, für wen, mit was und auf welche Art und Weise das KMU Wert generiert. Vor allem muss es in diesem Prozess aus wirtschaftspsychologischer Sicht die KonsumentenMarkenbeziehung integrieren. Geschäftsmodellinnovationen besitzen momentan in KMU noch keine zentrale Rolle; Schätzungen zufolge investieren sie aktuell maximal etwa zehn Prozent des Innovationsbudgets in Geschäftsmodellinnovationen. Geschäftsmodellinnovationen werden aber in Zukunft auch für KMU immer relevanter. Zweitens ist es im Zuge der Geschäftsmodellinnovation zentral, dass Unternehmen losgelöst von bestehen den Strukturen, Wertschöpfungsketten und Prozessen der jeweiligen Branche denken. Angenommen, diese beiden skizzierten Voraussetzungen sind der Geschäftsleitung in Form strategischer Ziele und Prozesseklar, stellt sich die Frage, ob die bisherigen Führungsansätze zur erfolgreichen Umsetzung taugen.

FÜHRUNG IM DIGITALEN TRANSFORMATIONSPROZESS
Bisherige Führungsansätze respektive das Führungsverständnis vieler KMU taugen nicht für die digitale Transformation. Die Kernfrage von KMU muss lauten: Wie setzen wir unsere digitale Transformation erfolgreich um? Eine Konzeption ist be sonders erfolgreich: die transformationale Führung. Eine Konzeption, die bestärkt und mitreisst und bei der sich Mitarbeitende für Ziele und Projekte einsetzen, die neu oder auch anspruchsvoll sind. Transformationale Führung und ihr Pendanttransaktionale Führung – stehen für alles, was in der Zukunft auf KMU zukommt und leisten einen erfolgreichen Beitrag zur Veränderung. Diese Gesamtkonzeption lässt sich vor allem von KMU im Rahmendigitaler Transformationen erfolgreich in die Praxis überführen. Geschäftsleitungen können nicht den vollen Umfang der an stehenden Veränderungen absehen und benötigen ihre gesamte Mannschaft zur Planung und Umsetzung: So lassen sich Kader sowie Mitarbeitende mit diesem Ansatz genau dort abholen, wo es notwendig ist, damit die digitale Transformation gemeinsam und optimal gelingt. Und das in allen Branchen. Transformationale Führung zeichnet sich im Kern durch zwei Bausteine aus: erstens durch «Motivation und Kommunikation». Das bedeutet zu motivieren, kreatives und unabhängiges Denken zu fördern, Vorbild zu sein, glaub würdig zu sein und Sinn zu vermitteln. Der zweite Baustein ist «Unterstützung», zum Beispiel durch Coaching, Mentoring oder Entwicklung. Dies entspricht dem gängigen Begriff «Leadership», in der Schweiz auch manchmal «menschenorientierte Führung» genannt. Transaktionale Führung hingegen fokussiert auf «Umsetzung und Fehlerminimierung», das heisst auf Zielsetzung, Feedback, Projektmanagement und Kontrolle. Es entspricht überwiegend dem klassischen «Management». Es stellt sich die Frage, wie KMU ihre bisherigen Führungsansätze für die digitale Transformation pragmatisch weiterentwickeln können. Denn eines ist klar: Es geht nicht darum, Vorhandenes und Gutes neu zu erfinden, denn das wäre unternehmenskulturell nicht möglich. Daher sprechen wir hier von einer Modifikation.

FÜHRUNGSVERSTÄNDNIS IN DREI SCHRITTEN
Um ein zielführendes Führungsverständnis zu erreichen und somit die digitale Trans formation in KMU erfolgreich umzusetzen, braucht es im Wesentlichen drei Schritte. Diese drei Schritte finden auf drei Ebenen statt und bringen unterschiedliche Ergebnisse mit sich:
Ebene der Geschäftsleitung: Zu Beginn steht fast immer eine Auslegeordnung der anzustrebenden Geschäftsmodellinnovation an. Es wird losgelöst von den aktuell herrschenden Rahmenbedingungen und Strukturen der Branche gedacht. Ist ein gemeinsames Verständnis dafür sowie eine Marschrichtung vorhanden, steht die Strategie für die digitale Transformation. Danach erfolgt die zweite Auslegeordnung: die der richtigen Führung und Umsetzung. Meistens passen Führung oder Kultur und Transformationsstrategie nicht optimal zusammen. Dann muss sich die Geschäftsleitung (hinter)fragen lassen: Kommen wir mit den bisherigen führungstechnischen Vorgehensweisen zu diesem neuen und mit Unsicherheit behafteten Ziel? Unternehmen müssen vorhandene Führungselemente bewerten und mittelstransformationaler Führungsinputs an reichern. So erhält die KMUGeschäftsleitung a) die erforderliche Marschrichtung und b) den dafür notwendigen Führungsrahmen.
Ebene des Kaders: KMU müssen Teilziele zur Umsetzung mit dem Kader erarbeiten. Dieser muss nicht nur die Gesamtstrategie verstehen und stützen, sondern auch aktiv die Teilzielerreichung steuern dürfen. Zudem muss der Kader in der Modifikation notwendiger Führungselemente eingebunden werden. Denn den Kader betrifft dies beides am meisten. Das heisst, KMU erhalten damit auf dieser Ebene a) die richtigen Umsetzungsparameter und b) konkrete Umsetzungsverhaltensweisen.
Ebene der Mitarbeiter: Hier benötigen KMU die inhaltliche Beurteilung vorgeschlagener oder aufgetragener Umsetzungsschritte und können aus ihrer Sicht beurteilen, welche Führungselemente im Zweifel für welche Arbeitsschritte zur Zielerreichung noch besser ausgeprägt sein müssen. Im Ergebnis erhalten KMU verkürzt auf dieser Ebene Verständnis für die geplante digitale Transformation und die Verifizierung des Führungsverständnisses, das für die Zielerreichung – die digitale Transformation – notwendig ist.
FAZIT
KMU sollten ihre Geschäftsmodelle über denken und innovieren, über die aktuellen Strukturen der Branche hinweg denken und eine passgenaue Führung entwickeln, damit die digitale Transformation mit «Herz und Verstand» – von der Geschäftsleitung
Tag:Innovation, Transformation